Ein Bericht vom SNT*-Camp 2022 – an einem Wildbach
Mit einem Lächeln stehe ich in der Küche und wasche die Töpfe und Kannen des SNT-Camps vom Wochenende ab. Noch Verbunden mit dieser Zeit, Bilder vom Wochenende im Kopf, den Geruch vom (alten) Feuer in der Nase, den Ruß an den Händen und die Musik von Santana (Supernatural) in den Ohren.
Das Lächeln kommt von einer Freude ganz tief Innen, ein Lachen über die Schönheit des Lebens, der Natur und auch ein Lächeln über mich selbst.
Ich muß daran denken wie eindringlich, fast schon ärgerlich, Cito* bei den Ausbildungsmodulen darauf beharrt hat, das Geschirr gut gereinigt zu übergeben. Immer wieder Mal mußte ich daran denken, so auch jetzt. Ich verstehe ihn. Ich lächle, auch wieder über mich selbst, denn das Spülen gibt mir die Gelegenheit noch ein Mal einzutauchen in die Prozesse der letzten Tage, es ist mein vorläufiger Abschluß-Prozeß dieses Camps.
Mühsam, so hat sich das Camp angekündigt. Die Organisation schwierig, zäh. Peter mußte im Hintergrund einiges an zusätzlicher Arbeit leisten. Am Anreisetag ein Unfall mit LKW-Brand der den Zugverkehr lahmgelegt hat. Umleitung des Zuges, verspätete Ankunft, einige Telefonate, zwei Fahrten von mir zum Bahnhof um Andrea abzuholen und nach ihrer Irrfahrt zu uns zu bringen. Umwerfen von Strukturen und Plänen, Improvisation. Franz, kaum angekommen, kann nur kurz durchschnaufen, hat keine Rast und muß gleich wieder los um bei den Einkäufen zu unterstützen.
Manchmal frage ich mich, sind solche Ereignisse Zufälle, Koinzidenzen oder passieren sie tatsächlich nur für uns, damit wir uns unseren Aufgaben stellen können? Das wäre vermessen – ich weiß – doch manchmal fühlt es sich so an als wären Ereignisse, Geschenke an eine Person, Ereignisse nur für uns. Ein Blitz, ein Gewitter, Wind, ein Tier das auftaucht, ein Flugzeug, ein Unfall, eine Begegnung. Das wäre groß, wirklich groß wenn es nur für mich wäre, schwer anzunehmen so wichtig zu sein für „die Welt“.
Letztendlich haben wir es geschafft, wir vier sind auf die Reise gegangen, losgezogen, gemeinsam, Wenige von ursprünglich Vielen.
Die Tage waren gezeichnet von glühender Hitze, Sonnenenergie – gestaut, dem Bersten nahe wie ein Druckkochtopf, fast schon zu viel – im Wechsel mit der Linderung, dem Umspült sein des kühlenden Wassers. Sanfte Momente, fast zart, smooth, unterstützt vom leichten Wind, getragen von den Steinen, genährt vom Feuer, das klein bleiben durfte. Glücksgefühle? Neben den Prozessen der Einzelnen auch eine „stürmische“ Gruppendynamik – das Gewitter durfte fern bleiben.
Gelernte Strukturen mißachtet, verändert, erinnert und beachtet. Das System und der Ort mit seinen wirkenden Kräften hat es ganz gut geschafft uns im „Draußen-Sein-Erfahrenen“ aus der Komfortzone zu locken.
Corazon despinado bleibt mir in den Ohren, singe den Refrain mit. Des Spanischen nicht mächtig hilft mir die Übersetzungsapp – „zerzaustes Herz“. Nun interessiert mich der ganze Text. Mit Erstaunen stelle ich fest: Da heißt es Corazon espinado, ohne d, also dorniges Herz, es geht um die Schmerzen der Liebe. Das mag bei mir gerade nicht mitschwingen. Meine Ohren hören wieder Corazon despinado obwohl ich es jetzt anders weiß – zerzaustes Herz. In der Liebe zum Menschen, der Natur und eingebunden in die „künstliche“ Welt in der wir leben. Ja, zerzaustes Herz. Das klingt nach. Das konnte ich spüren und sehen.
Und irgendetwas hat sich geöffnet. In mir? Für mich? Für die anderen? Für die Welt? Das wird sich zeigen – so es denn will.
Danke an Peter, Andrea und Franz für die gemeinsame Zeit. Danke an den Ort und alles was dort ist. Danke an alles bei dem ich mich zu bedanken vergessen habe.
* SNT = Systemische Naturtherapie / Systemischer Naturdialog
* Cito = Cito, Hans-Peter Hufenus
